..."Mit Ciorans Büchlein lebt man in inniger Verbundenheit. Die Betrügerei, die schwerer auf uns lastet als eine Smogglocke, schweigt in diesen Seiten strenger Klage endlich still. Nach und nach drängt sich uns sein Porträt vom Menschen wie er heute ist, wie ihn Zivilisation, Geschichte, Religion und Fortschritt werden ließen, auf wie eine Art heitere Rechtlichkeit, eine Art freudige, fröhliche Hinrichtung, so wie sie Hogarth dargestellt hat. Am Ende eines Abschnitts befällt einen zuweilen die Lust, vor Freude aufzujubeln, wie an der Stelle in Oliver Twist, als Fagin endlich den Galgen besteigt. An den Menschen zu glauben, ist verfluchter Götzendienst, Sünde der Sünden, Irrtum der Irrtümer. Die Unterscheidung zwischen denen, die an den Menschen glauben, und solchen, die nicht an ihn glauben, ist notwendig; doch würde man uns zusammenzählen, uns, die wir radikal (und völlig selbstverständlich , als ließe ein wacher Geist nichts anderes zu) nicht an den Menschen glauben, wären wir wirklich nur ein paar."...
Guido Ceronetti - Lebe wohl, Cioran - NeueNachricht.de